Leben im Rundling
Das Leben im Rundling ist kaum zu vergleichen mit dem Leben in "normalen" Dörfern. Wo wohnt man schon gleichzeitig im Dorfzentrum am gemeinsamen Tummelplatz und am Dorfrand, wo der Blick übers freie Feld, über Wiesen und Wald schweifen kann?
Naturgemäß haben die Rundlinge auch eine Größe, die man eher als familiär empfindet, denn als Ortschaft; die Einwohnerzahlen liegen fast überall im zweistelligen Bereich. So ist auch der Umgang: Man duzt sich, egal, ob man hier seit Generationen ansässig ist oder gerade mit dem Umzugswagen auf den Hof gerollt kommt, der nun Zuhause wird. Spontane nachbarliche Unterstützung bei den ersten Schritten oder kleine Willkommensgeschenke gehören dazu.
In vielen Dörfern gibt es übers Jahr hinweg regelmäßige oder auch spontane gemeinsame Aktivitäten. Man trifft sich an den Winterabenden reihum zum Klönen und Handarbeiten, andere veranstalten Leseabende. Ein Dorf pflegt einen wöchentlichen gemeinsamen Mittagstisch im Hof eines Bewohners, ein anderes ein monatliches Dorffrühstück im Rundling. Verbreitet ist es, sich gemeinsam um den öffentlichen Raum zu kümmern, etwa im Spätherbst auf dem Dorfplatz Laub zu harken oder die Dorfkläranlage zu pflegen. Manch Zugereister muss sich erst daran gewöhnen, dass Aufgaben, die man bisher als kommunale wahrgenommen hat, hier ganz selbstverständlich von der Dorfgemeinschaft getragen werden. Auch die Schneeräumer befahren nur die Durchgangsstraßen. Da fährt dann der Bauer des Dorfs mal eben mit Trecker und Schneeschieber durch den Rundling.
Der Landkreis ist arm und alles, was die kommunalen Kassen entlastet und von Bürgerhand übernommen wird, ist überlebenswichtig für den Haushalt. Und tatsächlich bereichert der finanzielle Mangel auch das Miteinander und die Schöpferkraft der Bewohner. Wenn kein Geld für einen neuen Spielplatz da ist, aber immer mehr Kinder geboren werden oder zuziehen, schließen sich die Dörfler zusammen und schaffen sich die gewünschte Infrastruktur – schöner und individueller, als es ein Platz mit Fertiggeräten aus dem Katalog hätte sein können. Auf Unterstützung aus der heimischen Wirtschaft können die Wendländer zählen, wenn sie einen Stein ins Rollen bringen. Und manchmal findet die Kommune dann auch noch ein paar Kreuzer im Säckel...
Selbstverständlich ist, dass man sich im Dorf umeinander kümmert. Aber die Nachbarschaftshilfe greift längst nicht nur in Notsituationen. In manchem Dorf gewinnt dies fast schon den Charakter einer Kommune, die auf mehrere Höfe verteilt ist. Verzahnte Kinderbetreuung, das gemeinsame Betreiben eines Dorfcafés, Puschenkino mal hier, mal da, Theatereinlage oder Silberhochzeit in der geräumigsten Scheune... Langeweile oder gar Einsamkeit kommt da so schnell nicht auf.