Wendlands Schätze

Eindrücke

kurz nach unserem Einzug im Sommer 2010
Simone Walter

Das Hiersein mit dem vielfältigen täglichen Gepröttel zwischen Garten, Wohnhaus, Tenne, Stall und Rundling und dem gutgelaunten Miteinander unserer kleinen Gemeinschaft fühlt sich so gut, lebendig und energiespendend an, dass ich mir schon gar nichts anderes mehr vorstellen mag. Noch immer steckt irgendwo in mir ein gewisses Unwirklichkeits-Gefühl. Mal sehen, wann ich voll und ganz realisiert habe, dass dies kein Abenteuer-Camp ist, von dem ich irgendwann wieder abreisen muss, weg von all den lieben Menschen, dem lauschigen Haus und dem herrlichen halbwilden Garten, in dem man die aromatischsten Walderdbeeren und Himbeeren naschen und unglaublich intensive Pfefferminze für einen erfrischenden Minze-Melisse-Tee ernten kann.

Auch die Umgebung ist ein wahres Eldorado für Kräuterliebhaber. Die Feldwege sind gesäumt von Meereswogen an Kamille und Schafgarbe, durchsetzt von leuchtendblauen Kornblumen und Tupfen von Klatschmohn. Nie habe ich auf so kleinem Raum auch solche landwirtschaftliche Vielfalt erlebt. Alle Arten von Getreide – Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und Hafer – wechseln sich ab mit Kartoffeln, Rüben, Raps, Mais und Erbsen. Dazwischen Weiden- und Brachflächen mit spannender Pflanzenvielfalt und Flecken mit Eichen- und Kiefernwäldchen; in den Bachniederungen Erlenbrüche und teils imposante Weiden.

In 15 Fußminuten erreicht man das große Waldareal des Drawehn, unseres "Höhenzuges", der bis zur Elbe hinaufreicht und eine Wetterscheide bildet, die viel Regen im Westen zurückhält. Viele kleine, beschauliche Dörfchen ähnlicher Größe wie unseres (ca. 75 Einwohner) liegen so nah beieinander in die Landschaft gestreut, dass wir auf unseren Abendspaziergängen oft zwei oder drei davon durchwandern oder streifen. Die vielen alten Höfe und das Fehlen von Neubaugebieten, die winzigen Sträßchen und der wenige Verkehr bewirken, dass man sich manchmal wie in vergangene Zeiten zurückversetzt fühlt. In verwachsenen Knicks, an lauschigen Waldrändern und zwischen aufgehäuften Findlingen meint man Elfen und Kobolde wispern zu hören.

Ein kauziger Bauer grüßt von seinem alten Trecker. In der Abendsonne rollt ein fröhliches Paar auf dem Motorrad vorüber. In der Dämmerung radelt uns eine alte "Kräuterhexe" mit grünem Kopftuch entgegen. Sonst ist hier nicht viel. Würde man als Städter sagen. Nur ein unglaublicher magischer Frieden über dem weiten Land und unter dem klaren Himmel und lauter freundliche Menschen, denen man anmerkt, dass es gut ist, hier zu sein.

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Mohn im Wendland

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